Der ca. 30 Einwohner zählende Ort Polbitz liegt nördlich von Torgau eingebettet zwischen der Elbe, der Weinske sowie einem Altarm der Elbe, der sogenannten „Alte Elbe Elsnig“. Die Weinske - welche sich südlich von Torgau aus dem Schwarzen Graben fortsetzt - mündet ca. 1,5 km nordwestlich von Polbitz in die Elbe.
Wer Ruhe und Erholung sucht, ist in dem beschaulich gelegenen Straßendorf inmitten der Elbaue genau richtig. Für alle, die länger verweilen möchten, bietet die Pension Rodler eine Bleibe im liebevoll restaurierten Bauernhaus. Zu erreichen ist Polbitz mit dem Auto, dem Fahrrad über den Elberadweg oder auch mit dem Bus ab Torgau bis Drebligar (Wegpunkt H) und von hier aus zu Fuß (ca. 1 km).
Ausgangs- und Endpunkt unserer Entdeckertour ist die Dorfkirche von Polbitz (Wegpunkt 1), in der alljährlich vielfältige kulturelle Veranstaltungen wie Ausstellungen, Buchlesungen und Konzerte stattfinden. Von Mai bis Oktober ist die Kirche täglich von 10-18 Uhr geöffnet.
Von der Kirche aus folgen wir dem Weg Richtung Deich. Auf der Deichkrone angekommen, eröffnet sich der Blick über die Weinske- und Elbaue. Schaut man sich um, so fällt auf, dass Polbitz nicht nur unmittelbar von einem Ringdeich umschlossen ist. Ein weiterer, äußerer Ringdeich zeugt von einstiger Landgewinnung für bäuerliche Bewirtschaftung. So konnten Ackerflächen inmitten der Aue angelegt und vor Überschwemmungen geschützt werden.
Wir laufen nach Norden entlang des Deichfußes durch die landschaftlich reizvolle Weinskeaue. Die Weinske verläuft hier sehr naturnah. Beschattete und offene Wasserflächen wechseln sich ebenso ab wie langsam und schnell fließende Bereiche. Abschnittsweise teilt sich der Lauf des Gewässers und bildet einen breiten und dichten Röhrichtsaum mit Schmal- und Breitblättrigem Rohrkolben sowie Einfachem Igelkolben. Schwanenblume, Gewöhnliches Pfeilkraut und Gelbe Teichrose sind ebenso zu entdecken. Die Weinske und ihre oft überstauten Uferbereich sind nicht nur Lebensraum für Biber und Fischotter, sondern auch ein Eldorado für Amphibien, deren allabendliches Konzert man sich von März bis in den Juni hinein nicht entziehen kann. Nicht selten können Grau- und Silberreiher beim Beutefang beobachtet werden.
Vorbei an alten Weiden und Pappeln stoßen wir bald auf ein kleines Waldstück (Wegpunkt 2). Die Weinske macht einen großen Bogen nach links, wir laufen weiter am Deichfuß rechts der Gehölze entlang. Verhalten wir uns leise und unauffällig, lassen sich in den Sträuchern am Waldrand Mönchsgrasmücke, Rotkehlchen, Neuntöter und andere Singvögel beobachten. Aus dem Wald ist insbesondere im März und April das Rufen und Klopfen von Bunt-, Schwarz- und Grünspecht zu vernehmen. In deren gezimmerten Höhlen oder in sonstigen Hohlräumen an Totholz finden Fledermäuse einen geeigneten Schlafplatz, bevor sie ab der Abenddämmerung zur Jagd ausfliegen.
Rasch mischen sich in den zunächst reinen Pappel-Bestand Stiel-Eiche und Feld-Ulme. In der Strauch- und Krautschicht gesellen sich Schwarzer Holunder, Gundermann und Kratzbeere sowie im Frühjahr Hohler Lerchensporn und Scharbockskraut dazu. Dieser Bereich des Waldes wird nur periodisch von der Weinske überflutet. Dort wo es nässer wird, ändert sich die Baumartenzusammensetzung. Silber- und Fahl-Weide bilden den so genannten Weichholzauenwald am Ufer des Fließgewässers. Das Vorkommen eines solchen Biotopkomplexes aus Weich- und (Eichen-Ulmen-) Hartholzauenwald ist infolge der Einschränkung einer natürlichen Fluss- und Lebensraumdynamik nur noch selten in unserer intensiv genutzten Kulturlandschaft anzutreffen. Noch vorhandene naturnahe Fließgewässer und ihre Auen besitzen daher einen hohen Stellenwert für die Biotopvernetzung.
Dass der Weidenbestand in der Aue nicht nur dem Biber beliebt, sehen wir, wenn wir am Ende des Waldstückes wieder auf die Weinske stoßen. Alte, mächtige Kopfweiden (Wegpunkt 3) säumen den Weg und sind Zeitzeugen früherer Holzgewinnung, beispielsweise für die Korbmacherei. Durch das wiederholte Zurückschneiden treiben die Bäume immer wieder neu aus und bleiben auf einer gut erreichbaren Höhe. Heute sind sie aufgrund ihres Alters und Höhlenreichtums wertvolle Lebensräume für viele verschiedene Tiere, wie Fledermäuse, Eulen, Insekten und Schmetterlinge.
Die Flatter-Ulmen am Ufer der Weinske sind dagegen noch jung. Es sind Torgauer Flatter-Ulmen, aus gebietsheimischem Saatgut von vitalen Mutterbäumen aus der Region, die in der Elbaue als Vertreter des Hartholzauwaldes angepflanzt werden. Grund dafür ist ihre weitestgehende Resistenz gegenüber der Holländischen Ulmenkrankheit, welche die Feld-Ulme bereits stark in ihrem Bestand dezimiert hat.
Unser Weg führt uns nun vorbei an alten Obstgehölzen weiter am rechten Weinskeufer entlang bis diese nach links Richtung Mündung abbiegt. Der äußere Polbitzer Ringdeich macht etwa an gleicher Stelle eine scharfe Rechtsbiegung und vor uns eröffnet sich das Deichvorland der Elbe (Wegpunkt 4).
Das Grün- und z.T. auch Ackerland zwischen Deich und Elbe wird von zahlreichen Senken durchzogen, die periodisch und je nach Witterung Wasser führen und zum Teil von Amphibien als Laichgewässer genutzt werden. Hoch oben in der Luft lassen sich Mäusebussard, Rotmilan und mit etwas Glück auch ein Seeadler bei ihren Beuteflügen beobachten. Einzelgehölze und kleine Baumgruppen, vorwiegend Eichen und Pappeln, ziehen sich entlang des Elbufers und des wasserseitigen Deichfußes. Als Reste ehemaliger Auwaldstrukturen sind sie wichtige Lebensräume und Rückzugsstätten inmitten weiträumiger Grünland- und Ackerflächen.
Ob weiter am Deichfuß entlang oder über einen Weg näher am Elbufer, verschiedene Streckenvarianten führen von hier aus nach Polbitz zurück. Weiterhin besteht die Möglichkeit, die Tour durch die „Elbaue südlich Polbitz“ (Entdeckertour 7) zu erweitern (Wegpunkte 5).